Wie viel Freizeit brauchen wir?

Junge Arbeitnehmer fordern: Die Arbeitszeit muss zu ihren Bedürfnissen passen: Elternzeit, Pflegezeit, mehr Sport, mehr Reisen. Die neue Generation stellt andere Ansprüche an ihre Arbeitgeber. Und diese reagieren darauf mit immer neuen, interessanten Vorschlägen. Was ist dran am neuen Trend?

Junge Arbeitnehmer fordern: Die Arbeitszeit muss zu ihren Bedürfnissen passen: Elternzeit, Pflegezeit, mehr Sport, mehr Reisen. Die neue Generation stellt andere Ansprüche an ihre Arbeitgeber. Und diese reagieren darauf mit immer neuen, interessanten Vorschlägen. Was ist dran am neuen Trend?

Jeder bekommt so viel Urlaub, wie er möchte – was für viele wie ein Traum klingt, hat der britische Unternehmer Richard Branson nun zur Realität gemacht. Die Mitarbeiter seiner Virgin-Holding bekommen keine Vorgaben mehr über die Länge des Urlaubs. Sie müssen ihren Urlaub auch nicht mehr einreichen und benötigen keine Genehmigung. Die einzige Voraussetzung: Das Arbeitspensum muss bewältigt werden. Es wird sich zeigen, wie verantwortungsvoll die Mitarbeiter mit der neuen Regel umgehen. Nehmen sie einfach mehr Urlaub als vorher? Oder ist das Arbeitspensum so hoch, dass alle genau so viel oder sogar mehr arbeiten, weil sie ihr Pensum sonst gar nicht erfüllen können? Dann kann die scheinbare Freiheit auch schnell ins Gegenteil umschlagen.

Teilzeitmodelle für alle

Diese sehr drastische Maßnahme von Richard Branson ist noch ein Einzelfall. Es gibt aber andere Themen, die es schon von den Unternehmen in die Politik geschafft haben, weil junge Arbeitnehmer sie vehement einfordern. Die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist für die Generation der unter 30jährigen eine wichtige Frage. Sie leben ganz selbstverständlich in einer gleichberechtigten Partnerschaft, in der Gender-Fragen keine Rolle mehr spielen – bis die ersten Kinder kommen. Während der Schwangerschaft und in den ersten Wochen ist die Mutter für das Kind da, aber dann? Warum sollen sich Mutter und Vater nicht sowohl die Zeit mit dem Baby als auch die Arbeitszeit teilen? Flexible Teilzeitmodelle für Männer und Frauen werden inzwischen in vielen deutschen Unternehmen erprobt. Und auch die Politik der Bundesrepublik Deutschland widmet sich verstärkt dieser Frage: Die Elternzeit wird laufend überarbeitet und die so genannte Pflegezeit eingeführt – denn auch die Pflege kranker Menschen nimmt in unserer alternden Gesellschaft immer mehr Raum ein.

Laut einer Studie des Wissenschaftszentrums Berlin hat in Deutschland inzwischen jeder Hundertste männliche Chef einen Teilzeitvertrag von 30 oder weniger Stunden – die Zahl ist noch klein, aber sie wird wachsen. Top-Sharing oder Tandem-Führung heißen Teilzeitmodelle für Führungskräfte. Andere Länder machen es vor. In den Niederlanden etwa liegt der Anteil der in Teilzeit arbeitenden Manager bereits bei 12 %.

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Mehr Flexibilität auf allen Seiten

Insgesamt müssen Unternehmen und Angestellte wohl deutlich flexibler werden, wenn sie den Wunsch nach mehr Selbstbestimmung umsetzen wollen. Der Mitarbeiter will sein Kind um 15 Uhr aus der Kita abholen? Kein Problem, wenn er dafür von 20 bis 22 Uhr noch zwei Stunden im Home Office arbeitet. Das ist bereits Normalität in vielen skandinavischen Ländern.

Unternehmen, die großen Wert auf die Gesundheit und Leistungsfähigkeit ihrer Mitarbeiter legen, ermöglichen ihnen ohnehin, sich mehr nach dem eigenen Biorhythmus zu richten. Die Kernarbeitszeiten sind dann so kurz, dass die Mitarbeiter nicht dem Wecker, sondern der inneren Uhr folgen können. Studien zufolge sind nämlich zwei Drittel aller Deutschen so genannte „Eulen“, die spät einschlafen, aber auch spät aufwachen. Ihnen kommt es entgegen, wenn die Kernarbeitszeit erst um 11 Uhr beginnt – natürlich muss die fehlende Arbeitszeit dann wiederum abends nachgeholt werden.

Ein besonders hohes Maß an Flexibilität beweisen wohl auch die Frauen, die ihre Eizellen einfrieren lassen, um den Kinderwunsch auf später zu verschieben. Firmen wie Apple bieten diesen „Service“ an, was allerdings in Deutschland aus ethischen Gründen höchst umstritten ist.

Neue Werte – neue Privilegien

Mit dem neuen Wertesystem der jungen Generation verändern sich auch die Incentives, die Unternehmen ihren Mitarbeitern bieten. Während ein Dienstwagen früher das absolute Statussymbol für erfolgreiche Arbeitnehmer war, verzichten heute viele Mitarbeiter darauf. Für ihre Mobilität sind ihnen ein (e-)Bike und eine BahnCard wichtiger. Hoch im Kurs stehen auch hochwertige Smartphones oder Tablets auf dem neuesten Stand der Technik. Auch eine Geschäftsreise gilt heute nicht mehr unbedingt als Privileg. Zwar bringt man von jeder Reise neue Eindrücke und ein erweitertes Wissen mit. Für das Mehr an Arbeitszeit fordern junge Mitarbeiter aber immer häufiger einen unmittelbaren Zeitausgleich.

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