Bei Anruf: Lotse

Schiffslotse Tobias Dihrberg berichtet von seinem Alltag.

Tobias Dihrberg ist Seelotse. Im Interview hat er uns verraten, wie sein Alltag aussieht, was seinen Beruf so attraktiv macht und wie der fünffache Familienvater Beruf und Familie vereinbart.

Schon mit 18 Jahren war es Tobias Dihrbergs Herzenswunsch, „etwas mit Schiffen“ zu machen. Zunächst wurde es aber doch „irgendwas mit Medien“. Er machte eine Ausbildung zum Webdesigner, denn Anfang der 90er Jahre waren die Berufsaussichten in der Schifffahrt alles andere als rosig. Das änderte sich zehn Jahre später mit dem Boom in der Containerschifffahrt und so sattelte er doch noch um. Dihrberg studierte an der Hochschule für Nautik in Leer, fuhr zur See und erwarb sein Kapitänspatent. Nach einer Zusatzausbildung bekam er die „Bestallung“ zum Seelotsen, so heißt es in der Nautikersprache, wenn jemand zum Lotsen ernannt wird.Insgesamt dauerte es etwa neun Jahre, bis er endlich in seinem Traumberuf angekommen war.

Was heißt hier Traumberuf?

Aber was macht diesen Job eigentlich so attraktiv? Seelotsen gelten als Berater der Kapitäne. Wenn diese mit ihren bis zu 400 Meter langen Pötten den Mündungsbereich von Jade und Weser erreichen, benötigen sie die Hilfe der Seelotsen. Der Lotse kennt sein Revier wie seine Westentasche und hilft dem Kapitän, das Schiff sicher durch das Revier zu manövrieren. Das macht den Beruf äußerst abwechslungsreich, denn der Lotse muss sich mit jedem Einsatz auf ein neues Schiff und eine neue Mannschaft, aber auch auf Wetterlage, zum Beispiel  verminderte Sicht durch dichten Nebel oder Schneefall, Gezeitenstrom, Sturm, Begegnungs- oder Überholverbote einstellen.

Seelotsen sind als Freiberufler in einer Körperschaft des öffentlichen Rechts tätig. Sie stehen aber nicht in Konkurrenz zueinander, sondern sind in so genannten Lotsenbrüderschaften mit der Schifffahrtsverwaltung als Aufsichtsbehörde organisiert. Insgesamt gibt es in Deutschland ca. 700 Lotsen in sieben Lotsenbrüderschaften. Dort werden die Einsätze koordiniert, so dass jeder Lotse gleichberechtigt zum Einsatz kommt.

Einsatzort Hafen

Einen geregelten Arbeitstag haben Schiffslotsen nicht. Normalerweise beginnt Dihrbergs Einsatz mit einem Anruf. Zwei Stunden später muss er an seinem Arbeitsplatz sein, entweder in Wilhelmshaven oder in Bremerhaven. Das sind die beiden Häfen, für die die Lotsen der Lotsenbrüderschaft Weser II/Jade zuständig sind. Mit einem Tender oder Lotsenversetzboot fährt er zum Lotsenschiff und von dort zu dem Schiff, das auf seine Hilfe wartet. In Bremerhaven sind das hauptsächlich Containerschiffe oder auch Car Carrier sowie in der Sommersaison Passagierschiffe. Je nach Schiff, Wind und Tide kann der Lotsenvorgang für die 30 Seemeilen von und nach Bremerhaven von 1,5 Stunden bis über 10 Stunden dauern. Durchschnittlich dauert es 13 Stunden, bis sein Einsatz beendet ist. In der Regel lotst Dihrberg in dieser Zeit ein Schiff in den Hafen hinein und eines wieder hinaus.

Familienfreundlich? Wie man’s nimmt.

Auf den ersten Blick scheint der Beruf mit seinen flexiblen Arbeitszeiten und langen und anstrengenden Einsätzen nicht besonders familienfreundlich. Andererseits haben Lotsen als Ausgleich auch entsprechend viel Freizeit, die allerdings nicht planbar ist. Diese Zeit verbringt Dihrberg gern mit seiner Frau und seinen fünf Kindern. Und die haben sich darauf eingestellt. Sie haben zwar nicht wie andere Familien einen geregelten Feierabend und freie Wochenenden, aber dafür haben sie ihren Tobias dann auch mal einen Monat „am Stück“.

 Lotsenversetzung bei Sturm per Hubschrauber

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